Begonnen hat mein erster Ausflug nach Südamerika mit einer unvorhergesehenen Städtetour durch Madrid: Nach Ankunft
der Lufthansa-Maschine gegen 18:15 Uhr sollte es eigentlich um 22:05 Uhr mit Aerolineas weiter Richtung Buenos Aires
gehen. Tatsächlich ging der Flieger aber erst am nächsten Tag um 18:00 Uhr. Alles in allem kein größeres Problem,
sämtliche fast 400 auf den Flug gebuchten Personen wurden nach und nach in ein nahes Hotel gebracht. Kurzzeitige
Unruhe kam nur auf, als mir sieben Moutainbiker aus Schweiz ungefähr 45 Minuten vor der vermeintlichen Abflugzeit
telefonisch mitteilten, daß sie am Gate stehen und der Flieger normal starten würde. Einzig die Tatsache, daß für
einen so großen Flieger doch ungewöhnlich wenig Personen vor Ort wären, konnte mich halbwegs beruhigen ...
Mit einem Tag Verspätung haben wir dann Salta erreicht, wodurch eine von zwei Übernachtungen in Chicoana entfiel
und die Bikeetappen der ersten drei Tage auf zwei Tage komprimiert werden mußten. Nach der schrittweisen
Höhenanpassung mit übernachtungen auf 1800 (Termas de Reyes), 2200 (Purmamarca) und 2900 Meter (Humahuaca) ging
es am vierten Tag mit dem Paso de los Condores erstmals bis knapp an die 4000-Meter-Marke. Es folgten zwei
übernachtungen in Iruya (2800 m) und eine weitere in Purmamarca, bevor dann die höchsten Pässe Lipan (4170 m)
und Acay (4895 m) sowie zwei übernachtungen in San Antonio de los Cobres (3774 m) auf dem Programm standen.
Wie gut oder eben nicht gut ich die ungewohnten Höhenlagen vertragen habe, kann ich nicht abschließend beurteilen.
Tatsache ist, daß ich fast zwei Tage mit starken Kopfschmerzen zu kämpfen hatte. Diese hatten sich am Abra de Lipan
eingestellt und ließen erst am Morgen nach der zweiten übernachtung in San Antonio nach. Noch beim Frühstück bin
ich davon ausgegangen, daß ich für die komplette Auffahrt zum Abra del Acay genauso den Bus nutzen würde wie am
Vortag zum Viaducto la Polvorilla, als ich nur die Abfahrt auf den Schienen des Tren a las Nubes per Bike angetreten
habe. So aber konnte ich nach dem Transfer die eigentliche Steigung von 4100 auf fast 4900 Meter mit dem Bike
zurücklegen. Daher führe ich die Kopfschmerzen eher auf Verspannungen durch "verkampftes Ankämpfen" gegen den
böigen Wind am Abra de Lipan zurück.
Eine besondere Erfahrung bleibt der Abra del Acay in jedem Fall. Sabine, die zusammen mit Carla, Nicole und
Tourguide Rolf die komplette Strecke von San Antonio mit dem Velo zurückgelegt hat (die Männer hatten ansonsten
ja gänzlich gekniffen), wäre auf der Paßhöhe fast vom Winde verweht worden. Ronald wollte zu Fuß noch die 5000 Meter
knacken, mußte aber bereits nach wenigen Metern ebenfalls wegen des starken Windes aufgeben.
Auch die weiteren Etappen führten ausnahmslos durch faszinierende Landschaften. Nur die Fahrleistungen standen
fortan in keiner Relation mehr zu den üppigen und dazu auch noch überaus schmackhaften Mahlzeiten. Insbesondere
das Asado von Mariano und Juan in der Finca El Carmen wird unvergeßlich bleiben.
Wie bereits der Hinflug läßt sich auch der Rückflug nur als bedingt reibungslos bezeichnen. Nachdem ich um 15:51
Uhr mit zwei Stunden Verspätung den Aerolineas-Flieger verlassen konnte, winkten noch im Terminal 1 zwei Damen mit
meiner Bordkarte, an der Passkontrolle konnte ich mich mit einem undefinierten Mix aus diversen europäischen
Sprachen direkt zum Schalter vorgedrängeln. Wie schwer die Verletzungen von den anderen Reisenden sind, welche ich
auf dem Weg zum Terminal 2 über den Haufen gerannt habe, ist mir nicht bekannt. Dann noch schnell durch die
Handgepäckkontrolle und im Anschluß daran auf den letzten Metern zum Gate alle 5 Schritte einmal die Hose wieder
hochziehen, weil ich den Gürtel erst im Flieger wieder einfädeln konnte. An Gate 56 entsetzt verstellen, daß dieses
bereits geschlossen ist. Ein erneuter genauerer Blick auf die Bordkarte läßt mich dann aber schnell erkennen, daß
dort handschriftlich die Gatenummer in 62 geändert wurde. Ein letzter 90-Meter-Sprint und ich steige pünktlich
um 16:19 Uhr als letzter Passagier in die Lufthansa-Maschine! Dabei ist mir noch nicht klar, wie der Kapitän
folgenden Satz gemeint hat: "Ich bedanke mich bei allen Passagieren, daß sie so zügig eingestiegen sind."
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