Die Reise begann mit den nicht völlig unerwarteten Höhenproblemen. Dazu beigetragen haben vermutlich nicht zuletzt
auch die ungünstigen Flugzeiten. La Paz wird nicht direkt aus Europa angeflogen, es muß beispielsweise in Bogota oder
Lima umgestiegen werden. Die Flugzeiten sind auf die Langstrecken abgestimmt, daher treffen viele internationale Flüge
zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens in La Paz ein, meiner um 02:50 Uhr . Am Flughafen El Alto auf ca. 4100 m Höhe
haben wir dann noch auf weitere Mitreisende gewartet, die aber, wie sich später herausstellte, bereits im Hotel waren.
Nach kurzer Nacht im Hotel (auf ca. 3600 m) bestand der erste Tag einzig aus dem Zusammenbau des MTB's und einem kurzen
Ausflug auf die Plaza San Francisco. Der zweite Tag begann beschwerdefrei, bei der Gondelfahrt hoch nach El Alto stellten
sich jedoch wieder leichte Kopfschmerzen ein. Ab dem dritten Tag hatte ich mit der Höhe keine größeren Probleme mehr.
Auch im Vergleich zu meinen beiden bisherigen Mountainbike-Reisen in Südamerika erscheinen die Fahrleistungen der
Bolivien-Tour durchaus beschaulich. Dieses relativiert sich jedoch, wenn man bedenkt, daß man fast ausschließlich in
Höhen zwischen 3500 und 4500 Metern unterwegs ist und daß das sandige "Geläuf" nur bedingt zum "Kilometermachen" geeignet
ist. Auf keiner anderen Tour hatte ich auch nur ansatzweise einen so niedrigen Asphaltanteil von ca. 16 %.
Etwas irritierend ist vielleicht, daß ausgerechnet nach der gemütlichen Einrolltour durch den Canon de Palca am Ende des
Tages fast die meisten Höhenmeter bergauf zu Buche standen. Aufgrund des hohen Wasserpegels des Rio Palca mußten wir
einen Schlenker weglassen und Palca direkt ansteuern. Als Ausgleich wollten wir nach der Mittagspause noch "etwas vom
Anstieg fahren und dann verladen". Nun ja, wir suchen immer noch denjenigen, welcher als erstes absteigt, auch wenn
auf der Paßhöhe jeder gesagt hat, er wäre keinen Meter mehr weiter bergauf gefahren ...
Im allgemeinen können Charaktere, welche an solchen Reisen teilnehmen, wohl als einigermaßen pflegeleicht eingestuft
werden. Dennoch ist es bemerkenswert, wie extrem gut die gesamte Gruppe einschließlich Teilnehmern, Fahrern und Guides
hier harmoniert hat. Insbesondere die Fahrer haben jederzeit einen außerordentlich guten Job gemacht. Lediglich einmal
hat es einer vielleicht ein wenig übertrieben, als beim Transfer von Estacion Avaro nach San Juan vermutlich nicht nur
gefühlt kurzeitig alle vier Räder gleichzeitig in der Luft waren, was auch direkt zu einem Durchschlag geführt hat.
Nicht am Auto, sondern am auf dem Dach transportierten MTB von unserem boliviansichen Guide.
Genau diesem bolivianischen Tourguide scheint es gelungen zu sein, in eine der nach landläufiger Meinung letzten Bastionen
der Frauen einbrechen zu können: Der Multitasking-Fähigkeit. Landschaft erklären, gleichzeitig mit Mobiltelefon 1 Kontakt
zur Familie halten, mit Mobiltelefon 2 schon mal die Fähre organisieren und dennoch mit dem MTB immer als erstes am Ziel.
Die Frühstückszeit war immer auf "eine Stunde vor Abfahrt" terminiert, was fast ausschließlich als "Frühstück ab 7 Uhr"
kommuniziert wurde. In ganz seltenen Fällen mußte von dieser Regel abgewichen werden. So lautete die Ansage für den Tag,
als der Inlandsflug zurück nach La Paz anstand, "Frühstück ab 5 Uhr". Leider konnte bisher nicht ergründet werden, ob an
diesem Tag kurzfristig eine zusätzliche Zeitzone in Boliven eingeführt worden war oder ob hier die mittlere Zeitverschiebung
zwischen Brasilien und der Schweiz als Basis genommen wurde. In jedem Fall war nach offizieller bolivianischer Zeitrechnung
vor 6:00 Uhr kein Frühstück zu bekommen.
Zum Abschluß noch eine kleine Anekdote vom Besuch der Tierauffangstation Senda Verde bei Coroico. Auf dem Rückweg zu den
MTB's war der Ausgang mit einem Fahrradschloß gesichert. Ein aufmerksamer Mitarbeiter kam auch unmittelbar angelaufen,
hatte aber einen etwas ungläubigen Gesichtsausdruck, als wir ihm das inzwischen offene Zahlenschloß überreichten.
|