Schon seit vielen Jahren durchstreife ich mit dem MTB die Alpen. Aber erst diesmal ist mir aufgefallen, daß man auch alleine
gefühlt das Etappenziel in der Spitzengruppe oder doch eher im Grupetto erreichen kann. Aufgrund einer durchwachsenen
Vorbereitung war heuer meist letzteres der Fall. Entsprechend habe ich, was man positiv ausgedückt vielleicht noch mit
"den Antriebstrang möglichst geschont" umschreiben könnte, dann noch mehr geschoben als sonst.
Vor allem durch die weiterhin anhaltende Corona-Situation war vieles anders als gewohnt: An- und Abreise mit Pkw anstelle
der Bahn, Rundfahrt statt klassischer Alpenüberquerung, Gardasee war nur Etappenziel und nicht Endpunkt der Tour.
Die Route führte somit von Mittenwald in zehn Tagen durch die Dolomiten zum Gardasee, von dort in acht Tagen durch die Schweiz
nach Oberstdorf und in zwei Tagen von Oberstdorf zurück nach Mittenwald. Im Vorfeld erschien insbesondere die Einteilung der
Etappen Zwei und Sieben bis Neun als nicht unbedingt optimal, ließ sich aber aufgrund der Verfügbarkeit von Unterkünften nicht
anders realisieren. Grundsätzlich hätten sich Übernachtungen in San Martino di Castrozza und auf der Hochebene der Sieben Gemeinden
(Altopiano dei Sette Comuni) angeboten.
Die Etappe von Pill nach St. Jodok wird durch den Bau eines "Shared Trails" (Weg für Wanderer und Biker) vom Tuxer Joch in den
Kaserer Winkel im Jahr 2019 deutlich vereinfacht. Die längeren Schiebestücke bergab entfallen somit.
Etappe Sieben war zwar an der Civetta zwischen den Hütten Sonino al Coldai und Vazzoler die erwartete Wanderung mit MTB als Handpäck,
die Landschaft mit dem Lago di Coldai und die Aussicht vom Rifugio Sonino entschädigen aber für die Mühen.
Dabei habe ich bei Alpenpässen bisher die Kategorien unterschieden "immer wieder gerne" und "landschaftlich reizvoll, aber
einmal reicht". Als Route vom Gardasee nach Oberstdorf habe ich die Süd-Nord-Traverse von Achim Zahn gewählt. Danach bin ich mir
noch nicht ganz sicher, ob es zusätzlich einer Kategorie "muß man nicht gemacht haben" bedarf. Kandidat für diese Kategorie wäre
aus meiner Sicht das Schlappiner Joch, zumindest in Süd-Nord-Richtung in Verbindung mit den ungünstigen Witterungsverhältnissen
ohne Aussicht auf die umliegenden Berge.
Der Passo del Muretto lohnt sich landschaftlich allemal und das Erreichen der Paßhöhe von Sondrio aus war ebenfalls grundsätzlich
problemlos, der Abstieg über Blockgestein zum Pian Canin und im weiteren Verlauf der teilweise weggespülte Weg machen ihn allerdings
dennoch zumindenst zu einem Anwärter auf einen Platz in der vermeintlich neuen Kategorie. Mit zwei Stunden für knapp 3 km und 600 hm bergab
dürfte es sich in jedem Fall um meinen zeitaufwändigsten Alpendownhill überhaupt gehandelt haben.
Ganz deutlich bestätigt sich leider auch, worauf Wissenschaftler bereits seit längerer Zeit hinweisen: Extreme Wettersituationen
häufen sich. Die Folgen waren bei dieser Tour unübersehbar. Schlüsselstellen waren in der Vergangenheit meist ausschließlich die
Paßhöhen. Diesmal kamen zahlreiche neue an Stellen hinzu, wo man sie bisher nicht erwartet hätte: Durch Erdrutsch versperrte, zerstörte
oder unterspülte Straßen und Wege. Natürlich habe ich auch bei Touren in der Vergangenheit entsprechende Stellen gesehen, aber
eben nicht in der geballten Anzahl.
Hier die Beispiele von dieser Tour: Vermutlich durch den Starkregen in der Nacht ist die Piste vom Brenner-Grenzkamm nach Brennerbad
durch einen Erdrutsch mit knöcheltiefem Schlamm, Sträuchern und kleineren Bäumen an zwei Stellen versperrt, Durchkommen gerade noch
möglich. Auf der Zufahrtstraße zur Zirogalm auf der anderen Talseite ebenfalls Erdrutsch. Diverse weggespülte Stellen auf der
Militärpiste vom Schlüsseljoch nach Kematen. Für die Jahreszeit ungewöhnliche Wasserdurchfahrt bei der Auffahrt zum Pfunderer Joch.
Unterspülte Straße bei der Abfahrt vom Rifugio Carlettini ins Valsugana, Durchkommen für Pkw grenzwertig. Piste vom Val d'Astico nach
Tonezza del Cimone an vier Stellen verschüttet, Schiebestücke. Abendliches Gewitter in Riva del Garda, Straße und ein tiefer liegender
Parkplatz fünfzehn Zentimeter unter Wasser. Trail vom Pian Canin zum Lai da Cavloc teilweise weggespült.
|