Zweiundzwanzig Tage nur für einmal rund um Liechtenstein? Naja, vielleicht wäre als Titel "Sechs-Seen-Cross" (Bodensee,
Vierwaldstätter/Urner See, Genfer See, Lago Maggiore, Luganer See, Comer See) passender gewesen.
Wetterbedingt waren die ersten vier Tage eher "Biken zum Abgewöhnen". Dabei war der erste Tag nach anfänglichem Regen noch
ansatzweise brauchbar. An Tag Zwei ergiebiger Dauerregen bis zum Walensee und auch danach nie wirklich trocken. In der Nacht
vom dritten auf den vierten Tag Neuschnee bis runter auf 1800 m. Eigentlich hätte es vom Berggasthaus Brüsti über den
Surenenpaß (2291 m) und den Jochpaß (2207 m) nach Innertkirchen gehen sollen. Aufgrund der schon bei guten Verhältnissen zu
erwartenden Schiebe- und Trage-Passagen (siehe Roadbook) kam allerdings Plan B zum Zuge: Mit der Seilbahn die am Vortag mühsam
vom Urner-See zum Höchiberg fahrend und schiebend erkämpften Höhenmeter vernichten und von Attinghausen über Wassen und den
Susten-Paß nach Innertkirchen. Dabei war selbst die Susten-Ostrampe im oberen Bereich bis zum Scheiteltunnel offiziell gesperrt.
Als Entschädigung folgten dann nahezu ausnahmslos nur noch Tage mit bestem Bike-Wetter. Einzig auf den allerletzten sechs Kilometern
zurück nach Götzis gab es unterwegs noch mal etwas Regen. Ansonsten beschränkte sich der Niederschlag auf die Abend- und Nachtstunden.
Die Etappen 8 und 9 mit dem Abstecher über den Col de Verne nach Frankreich und über die Dents du Midi hätte man natürlich einfach
durch das Rhone-Tal umfahren können. Vom Col de Susanfe zum Lac de Salanfe gibt es am in früheren Jahren meist überwiegend mit
Altschnee bedecktem Abhang inzwischen einen neuen Weg. Der alte Weg weiter links ist mit Bike nicht mehr sicher begehbar.
Von Martigny bis zum Lago di Lugano folgen dann 375 Kilometer in 4 Tagen. Dabei erstmals die Auffahrt durch das Val Cogne aus dem
Aostatal zum Finestra di Champorcher, dem mit 2827 m zweithöchstem Punkt der gesamten Rundfahrt. Weil es im Weiler Barmacrepa kein
Restaurant gibt, kommen für das Abendessen nochmal 250 Höhenmeter dazu. Auf der zumindest kilometermäßigen Königsetappe sorgt auf
den letzten 17 Kilometern von Scopello nach Varallo ein kleiner "Belgischer Kreisel" mit einem Rennradfahrer für eine ordentliche
Durchschnittsgeschwindigkeit.
Auf Etappe 15 beeindruckt die Landschaft auf dem Sentiero delle Orobie Occidentali. Die Klettereinlagen beim Abstieg vom Passo del Toro
am Zucco del Corvo habe ich wahrscheinlich schon auf der Susa-Riva-Tour 2009 verflucht, was ich aber entweder vergessen oder zumindest
erfolgreich verdrängt hatte.
Entlang der Route verbindet man mit der Jahreszahl 23 leider nicht nur gute Erinnerungen. In Vilminore di Scalve erinnert eine Ausstellung
an den Bruch der Gleno-Staumauer am 1. Dezember 1923. Die Flutwelle forderte mehrere hundert Tote. Am 11. Juni 2023 brach am Fluchthorn
im Fimbertal der Südgipfel zusammen.
Am Passo del Gatto herrschte diesmal beste Sicht. Im weiteren Verlauf bietet sich bei Ziel Aprica ab dem Passo del Venerocolo
anstelle der Abfahrt zum Lago Belviso der zehn Kilometer lange Panorama-Trail zur Malga Magnola an. Laut Beschreibung war der Weg in der
Vergangenheit "ohne Machete und GPS-Track" nicht zu empfehlen. Heute ist er als Mountainbikeroute markiert und bis auf einige kurze Stücke
problemlos fahrbar. Allerdings sollte man, auch wenn es kaum Steigungen gibt, für die Strecke vom Passo del Venerocolo bis Aprica
zwei Stunden einplanen.
Im Val Poschiavo kann einem auf der Straße schon mal der Bernina-Express entgegenkommen, in der Uina-Schlucht und am Fimberpaß
sind es bei eingeschlagener Süd-Nord-Richtung eher Mountainbiker.
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